R&L
Change Your Questions, Change Your Life
by Marilee Adams, PhD
read by Robert Kirschner

2 x Adams und die Macht der Frage

Was haben ein interstellarer Anhalter mit einem Handtuch und die Gründerin des „Inquiry Institute“ gemeinsam? Auf den ersten Blick: nichts. Auf den zweiten Blick: den Nachnamen. Und auf den dritten Blick – und hier wird’s spannend – ein tiefes Verständnis dafür, dass die wirklich wichtigen Dinge im Leben mit einer Frage beginnen.

Douglas Adams schickte in Per Anhalter durch die Galaxis den Supercomputer Deep Thought auf die Suche nach der Antwort auf die ultimative Frage – nur um herauszufinden, dass ohne die richtige Frage selbst die brillanteste Antwort („42“) reichlich sinnlos bleibt. Marilee Adams hingegen blieb auf der Erde und entdeckte: Wenn du dein Leben ändern willst, brauchst du keine neue Antwort – du brauchst eine neue Frage.

Fragen sind mächtig. Sie strukturieren unser Denken, beeinflussen unser Handeln und entscheiden nicht selten über den Verlauf unserer Biografien. Die Literaturgeschichte liefert uns zahlreiche ikonische Fragen, die tief in die menschliche Existenz, Philosophie und Gesellschaft blicken. Marilee Adams greift in ihrem Buch Change Your Questions, Change Your Life diese Idee auf und überträgt sie auf das persönliche und berufliche Wachstum: Die Qualität unserer Fragen bestimmt die Qualität unseres Lebens.

Die „richtigen“ Fragen: Der Kern von Adams’ Philosophie

Marilee Adams unterscheidet grundlegend zwischen zwei inneren Haltungen: dem „Judger“- und dem „Learner“-Mindset. Der „Judger“ stellt urteilende, festlegende Fragen wie: „Was stimmt nicht mit mir?“ oder „Warum sind die anderen so inkompetent?“ (bei einem Transaktionsanalytiker schrillen sogleich die Alarmglocken des Dramadreiecks). Der „Learner“ hingegen fragt: „Was kann ich daraus lernen?“ oder „Welche Möglichkeiten habe ich?“ Die zentrale These ihres Buches ist: Wenn wir lernen, bewusst konstruktive, offene und lösungsorientierte Fragen zu stellen, können wir unser Denken, unsere Beziehungen und unser Leben positiv verändern.

Die ultimative Frage: Sinnsuche im absurden Universum

Douglas Adams’ Per Anhalter durch die Galaxis bringt uns zur vielleicht tiefgründigsten Auseinandersetzung mit Fragen: Die „ultimative Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“ bleibt unbekannt – nur die Antwort lautet „42“. Die Pointe ist brillant: Eine Antwort ohne die richtige Frage ist sinnlos. Das Werk zeigt mit viel Ironie, wie absurd es ist, nach Antworten zu suchen, ohne sich über die Fragen klar zu sein.

Genau hier trifft sich die Science-Fiction-Satire mit Marilee Adams’ Grundgedanken: Es sind nicht die Antworten, die unser Leben verändern – es sind die Fragen. Wenn wir die falschen Fragen stellen (z. B. „Was ist der Sinn von allem?“ ohne Kontext oder persönliche Verbindung), bleiben auch scheinbar tiefgründige Antworten leer. Der „Deep Thought“-Supercomputer hätte Adams’ Zustimmung bekommen: Erst wenn wir wirklich wissen, was wir wissen wollen, macht es Sinn, nach Antworten zu suchen.

Fazit: Fragen sind mehr als Worte – sie sind Wege

Marilee Adams liefert mit ihrem Buch eine Art Gebrauchsanweisung für die Kunst des Fragens. Sie zeigt: Es kommt nicht nur darauf an, was wir fragen, sondern wie und warum wir fragen. Eine gute Frage öffnet Möglichkeiten, eine schlechte verschließt sie. In diesem Sinne können wir Hamlet oder sogar Deep Thought ein Stück weit neu lesen – nicht als Opfer ihrer Umstände, sondern als Reisende auf der Suche nach besseren Fragen.

R&L
The Let Them Theory
by Mel Robbins
read by Barbara Thoma

„Two Simple Words Will Change How You Think About Your Entire Life“ verspricht der Klappentext. Ich würde sagen, es sind eher 4 Worte: Let Them und Let Me – zwei eingängige Schlagworte zur emotionalen Selbststeuerung. 

Wie schon in „5 Second Rule“ präsentiert Mel Robbins eine Methode zum Selbstmanagement. Der Mehrwert ihres neuen Buchs liegt nicht in der Originalität des Konzepts, sondern in der Einfachheit und der affirmativen Kraft ihrer Schlüsselbegriffe. Robbins setzt statt auf komplexe Theorien auf einfache Leitwörter, die im Gedächtnis bleiben und sich leicht in den Alltag integrieren lassen. 

In ihrem typischen zugänglichen Stil gibt Robbins direkte Anweisungen und klaren Rat. Ihr „Sorry to break it to you…“ entlarvt Ausreden und Selbsttäuschungen und lockert den zuweilen missionarischen Ton durch humorvolle Einschübe auf und motiviert, sich persönlichen Herausforderungen zu stellen. 

„Let them Theory“ gliedert sich in Kapitel, die verschiedene Facetten des Themas beleuchten – von der Angst vor der Meinung anderer über den Wunsch, andere zu verändern, bis hin zur Stärkung zwischenmenschlicher Beziehungen. Robbins bietet anekdotenreiche Einblicke und einfache Übungen zur Selbstreflexion und Verhaltensänderung. Sie konzentriert sich dabei auf zwei wesentliche Schritte: 

  1. Let Them: Die Überzeugung „You cannot change people, they only will change if they want to“ fördert eine Haltung, in der wir gelassen mit dem Mantra „Let Them“ auf die Aktionen anderer reagieren. Diese Selbstdisziplin – sie beschreibt in humorvollen Beispielen, wie viele Schleifen im inneren Dialog sie in manchen Situationen mit sich selbst ziehen muss – erzeugt genau das nötige Stück Abstand, das es braucht, um den zweiten Schritt zu gehen: 
  2. Let Me: Andere sie selbst sein zu lassen ermöglicht die Distanz, aus der wir sie beobachten können um unsere Reaktion sorgfältig wählen zu können– ob wir nun intervenieren, die Situation akzeptieren oder uns zurückziehen. In jedem Fall: Selbstwirksamkeit und Selbstverantwortung! In sehr persönlichen Beispielen und einfachen Techniken wie dem ABC-DE Loop geht sie darauf ein, wie Let Me konstruktiv umgesetzt werden kann. Natürlich stellt sich im Lauf des Buches auch die Frage, wie lange man jemanden „lassen“ soll, und wann es Zeit ist das „Let me“ zum Beenden einer Beziehung zu nutzen. Auch hier ein „einfacher“ Satz als Orientierungspunkt: „Love the Person, not Their Potential“. 

Die „Let them Theory“ ist ein lesenswerter Wegweiser für alle, die nach handfesten, sofort anwendbaren Ideen suchen, um aus dem Getriebensein auszusteigen und zu Ruhe und Selbststeuerung zurückzufinden. Die Simplifizierung und Beschlagwortung ist eine Gradwanderung aber Mel Robbins schafft es, wertvolle Einsichten zu vermitteln, ohne dabei den Unterhaltungswert zu vernachlässigen.  

Das Buch regt auf motivierende Weise an, erste Veränderungen im Umgang mit anstrengenden und belastenden Umweltbedingungen anzustreben.

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Gutes tun – wie der ethische Kapitalismus die Demokratie retten kann
by Markus Gabriel
read by Dieter Bernold

In diesem faszinierenden und zeitgemäßen Werk zeigt der deutsche Philosoph und Buchautor Markus Gabriel, was es bedeutet, angesichts globaler Herausforderungen moralisch zu handeln.

Er argumentiert, dass Moral nicht auf starre Regeln reduziert werden kann, ist aber von der Existenz „moralischer Tatsachen“ überzeugt, die kontextunabhängig wirken und daher nicht zu diskutieren sind. Gabriel kritisiert sowohl moralischen Relativismus als auch absolute Dogmen.

Stattdessen plädiert er für eine „situative Universalität“, bei der universale Werte wie Gerechtigkeit und Solidarität in spezifischen Kontexten angewendet werden müssen. Die Verantwortung des Einzelnen müsse in einer globalen Perspektive betrachtet werden, etwa im Hinblick auf Konsumverhalten und Klimaschutz.

Markus Gabriel sieht den Kapitalismus nach wie vor als den besten Weg Fortschritt, Wohlstand und Entwicklung zu erreichen, argumentiert jedoch überzeugend für eine ethische Reform desselben mit dem Ziel eines moralischen Fortschritts.

Er setzt sich mit der Idee des ethischen Kapitalismus auseinander, der darauf abzielt, wirtschaftliches Handeln mit moralischen Prinzipien in Einklang zu bringen:

  1. Unternehmen müssen soziale und ökologische Verantwortung übernehmen, indem sie über kurzfristige Gewinne und reine Gewinnorientierung hinausdenken und sich für nachhaltige und gerechte Praktiken einsetzen.
  2. Wirtschaftliche Entscheidungen sollen moralischen Maßstäben folgen, etwa in Bezug auf faire Arbeitsbedingungen, Umweltschutz und gerechte Ressourcenverteilung.
  3. Auch Konsument*innen haben eine moralische Verantwortung, ethische Produkte und Unternehmen zu unterstützen, die Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit fördern.

Ein zentrales Thema ist der Einfluss moderner Technologien wie künstlicher Intelligenz, die neue ethische Fragen aufwerfen. Gabriel betont, dass Technologien nicht neutral sind und ethische Reflexion erfordern.

Die Kernbotschaft ist aus meiner Sicht ein Wechsel in der Sichtweise, dass ethische Verpflichtungen nicht durch hemmende Regulatorien gesteuert werden, sondern dass Geschäftsmodelle daraus entstehen und adaptiert werden, die gewinnbringend sind und Mehrwert schaffen.

Das Buch ist inspirierend und macht optimistisch nachdenklich. Das Kapitel über praktische Umsetzungsideen ist allerdings wenig überraschend noch sehr abstrakt. Hier erkennt man Markus Gabriel als den Philosophen, weniger als Ökonom

Das Buch fordert eine Ethik, die individuelles Handeln und strukturelle Veränderungen verbindet. Gabriels Werk lädt dazu ein, die eigene Verantwortung kritisch zu reflektieren und aktiv an einer besseren Welt mitzuwirken.

“Gutes tun” ist eine zugängliche und tiefgründige Auseinandersetzung mit moderner Ethik. Es bietet einen frischen Blick auf die Möglichkeiten, unsere Wirtschaft und Gesellschaft zum Besseren zu verändern, und regt zum Nachdenken über die eigene Verantwortung in einer globalisierten Welt an.

Trotz einiger Fragezeichen zur praktischen Umsetzung, ist das Buch ein wertvoller Beitrag zur aktuellen Debatte über die Zukunft unseres Wirtschaftssystems und der Demokratie.